„Wir sind weit vom Aufstieg entfernt.“ Auf den Tag genau vor vier Monaten hat Markus Wartosch, Sportlicher Leiter beim Eishockey-Landesligisten ESC Kempten, diesen Satz im Interview mit der Allgäuer Zeitung gesagt. Vor dem ersten Saisonspiel der Sharks.

Mittlerweile haben die Kemptener 27 Partien absolviert – und zum Sprung in die Bayernliga fehlen sieben Spieltage vor Schluss als Fünfter der Verzahnungsrunde lediglich zwei Pünktchen. Woran liegt es, dass die Mannschaft von Trainer Andreas Becherer so überraschend stark spielt? Ein Erklärungsversuch.

=> Die Torhüter Auf dieser wichtigen Position ist Kempten mit Fabian Schütze (21) und Martin Niemz (34) ausgeglichen besetzt wie kaum ein anderes Team der Liga. Coach Andreas Becherer gönnt beiden entsprechend Einsatzzeiten, das weckt den internen Konkurrenzkampf. Und der ist leistungsfördernd. Schütze stand bislang in 17 Partien auf dem Eis und hielt knapp 92,3 Prozent aller Schüsse auf sein Tor, Niemz war zu Beginn der Saison verletzt, kommt auf zehn Spiele und eine Fangquote von 93 Prozent.

=> Die Defensive Kapitän Gregor Stein (29), der vor seinem Wechsel nach Kempten unter anderem drei Jahre beim ESV Kaufbeuren in der zweiten Liga aktiv war, hat Ruhe und Ordnung ins Defensivspiel gebracht. Von seiner Routine profitieren die jungen Mitspieler wie Philip Stalla (20), Wolfgang Richter (20) und Alessandro Feldmeier (22). In der Hauptrunde der Landesliga hatte der ESC mit 61 Gegentoren in 20 Spielen nach Ligaprimus Klostersee die zweitbeste Abwehr in Gruppe 2, besonders in Unterzahl ist die Sharks-Defensive kaum zu knacken. Allerdings schleichen sich nach wie vor immer wieder individuelle Fehler ein, die in der Verzahnungsrunde von den cleveren Bayernligisten eiskalt bestraft werden.

=> Die Offensive Ohne Frage das Prunkstück. 94 Treffer waren in der Hauptrunde die zweitbeste Ausbeute. Nur Spitzenreiter Klostersee war mit 178 Toren deutlich voraus. In der Aufstiegsrunde kamen weitere 26 Tore dazu. Das macht unter dem Strich bislang 120 Treffer, knapp 4,5 pro Begegnung. Wenn Becherer seine Top-Torjäger Patrick Weigant (31 Jahre/20 Tore/24 Vorlagen), Corey Pawley (22/26/27) und Tobias Epp (26/14/20) in einer Reihe gemeinsam aufs Eis lässt, gerät jede Abwehrreihe der Liga in akute Gefahr. Der Coach hat den Luxus, beliebig kombinieren zu können. Denn auch die Oldies Alexander von Sigriz (35/10/9) und Christian Engler (32/12/9) spielen eine starke Runde und zählen zu den torhungrigsten Stürmern im Team. Schlüsselspieler Pawley schwächelte allerdings zuletzt und wirkte teilweise lustlos – ausgerechnet in der entscheidenden Phase der Saison.

=> Das Personelle Mit Fabian Zirngibl (27) ist ein Langzeitverletzter zuletzt ins Team zurückgekehrt. Das Auswärtsspiel in Fürstenfeldbruck hat aber neue Lücken gerissen: Andreas Ziegler (31) muss noch eine weitere Woche pausieren, Andre Aschenbrenner (23) hat’s ärger erwischt. Er fehlt laut Becherer noch zwei bis drei Wochen. Auf Verstärkungen zu Beginn der Aufstiegsrunde hatKempten bewusst verzichtet. „Das hätte nur mit Weitblick auf die kommende Saison was gebracht. Für 14 Spiele viel Geld in die Hand zu nehmen, kam für uns nicht infrage“, sagt Vorsitzender Florian Ecker.

=> Die Aufstiegsfrage Die drei besten Teams der Verzahnungsrunde spielen in der kommenden Saison in der Bayernliga. Dem ESCKempten fehlen zum möglichen Sprung nach oben derzeit nur zwei Punkte. Ob die Allgäuer im Fall der Fälle tatsächlich ihr Aufstiegsrecht wahrnehmen würden, ist indessen offen. Seitens der Verantwortlichen ist immer wieder zu hören, dass man zunächst einmal eine entsprechende Basis – sportlich wie wirtschaftlich – schaffen möchte. Bezogen auf dieses Ansinnen wäre es wohl noch zu früh für die Bayernliga. (Stephan Schöttl, AZ)